Ueberschrift
Pommern Wappen

Muddel



Im Nordwesten des Landkreises liegt nur drei Kilometer von der Ostsee entfernt die Gemeinde Muddel am Ufer des gleichnamigen Sees. "Der kleine Ort Muddel war nicht eigentlich ein Dorf. Nur eine lose Versammlung von einigen Gehöften. Vereinigt mit der ebenso kleinen Streusiedlung Muddelstrand ergab sich eine Gemeinde (S. Gliewe)." Der von Wiesen umgebene stark verlandete fisch- und vogelreiche See und die Muddeler Dünen gaben dem Gemeindegebiet das Gepräge. Von der hinter dem Örtchen Muddelstrand gelegenen 41 Meter hohen Düne, das "Hohe Feuer", hatte man eine erhebende Fern- und Nahsicht auf Ostsee, Dünenkette, Muddel-See und Hinterland. Durch das benachbarte Dünnow im Süden führte die von Stolpmünde kommende Straße hindurch zur westlichen Kreisgrenze.

Einige Angaben über die Gemeinde Muddel aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (1) Muddelstrand

Gemeindefläche in ha 741
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 194
Zahl der Haushaltungen 50
Zahl der Wohnhäuser 1925 37
Amtsbezirk Dünnow
Standesamtsbezirk Dünnow
Gendarmeriebezirk Stolpmünde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Scheil
Bürgermeister 1937 Zimmermann Robert Scheil
Nächste Bahnstation Dünnow
Entfernung 2,5 km)
Bahnlinie Schlawe-Stolpmünde (Reichsbahn)
Poststelle Dünnow
Letzte postalische Anschrift Muddel Post Dünnow über Stolp (Pom.)

Der historischen Dorfform nach ist Muddel ein kleines Sackgassendorf. Im Jahre 1355 erhielt Friedrich Krümmel die Güter Dünnow, Lindow, Muddel, Horst und Starkow als Lehn im Tauschwege gegen Sylcksdorf. 1523 wird Christoff Krummell myt synen Brodern tho Muddel genannt. Nach 250 Jahren erlosch das Geschlecht der Krümmel. Die Dörfer Dünnow, Lindow und Muddel fielen den Belows zu, die nach Lehnbriefen die gesamte Hand an den Krümmelschen Lehn erlangten. Die Belows haben Muddel von 1610 bis 1843 besessen. Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Seel. Major Dubschlaff von Belowen Erben. Cossäthen: à 4/20 (?) Lh: 1. Mewe Kunde, 2. Jürgen Wottke, 3. Jürgen Harder, 4. Ziemen Moldner, 5. Jacob Voll, 6. Marten Wold, 7. Ziemen Voll, 8. David Schmidt.

Nach Brüggemann hatte Muddel um 1784 ein Vorwerk, drei Kossäten, einen Schulmeister und insgesamt zwanzig Feuerstellen. Karl Friedrich Wilhelm von Below verkaufte die Güter Dünnow, Lindow und Muddel 1843 an den Gutsbesitzer Otto Frankenstein. Von diesem wurden sie 1857 an den Herzog Alfred von Croy weiterveräußert. Frankenstein behielt aber die Güter pachtweise in Besitz. Im Jahre 1876 wurde Muddel aus dem Kreis Schlawe in den Kreis Stolp eingegliedert. Mit Zustimmung des Herzogs von Croy übertrug Frankenstein die Pachtung der Güter seinem Schwiegersohn, dem Ökonomierat Leo Scheunemann. Seit dem 1. Juli 1904 bis 1945 war der älteste Sohn, der Major Bernhard Scheunemann, Pächter der Güter Dünnow, Lindow und Muddel. Diese bildeten einen großen Güterkomplex, der von Dünnow aus bewirtschaftet wurde. Im Jahre 1938 hatte das (mit Pachtland) 1342 ha große Rittergut Muddel 44 ha Ackerland, 356 ha Wiesen, 80 ha Weiden, 340 ha Wald und 146 ha Wasserflächen. Der Viehbestand belief sich auf 16 Pferde und acht Kühe. Außer dem Gut gab es in Muddel 36 landwirtschaftliche Betriebe:

11mit 0,5 bis unter 5 ha
21mit 5 bis unter 10 ha
4 mit 10 bis unter 20 ha

Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 5.61 RM im Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

"Die Bewohner des Dörfchens haben nie Reichtümer erworben. Sie waren meist Kleinbauern, die mit schwerer Handarbeit (moderne Maschinen gab es noch nicht) die Existenz ihrer Familien sichern mußten, oder Handwerker, die im fünf bis sechs Kilometer entfernten Stolpmünde das Brot für sich und ihre Familien verdienten und dafür täglich und bei jeder Witterung den langen Hin- und Rückweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad in Kauf nahmen, was besonders in schneereichen Wintern recht problematisch war. Die meisten von ihnen hatten als Nebenerwerb auch noch einige Morgen Ackerland und Wiesen sowie Kühe und Schweine im Stall" (I. Scheil-Zühlke).

Alle Bewohner waren evangelisch. Muddel gehörte zum Kirchspiel Dünnow und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Die im Jahre 1932 einstufige Volksschule hatte einen Lehrer und 25 Schulkinder. Als Lehrer sind hier tätig gewesen: Karl Wulfert von 1919 bis 1927, kurz vor seiner Pensionierung Noffze, dann Siegfried Gliewe und Erich Schilte(r), der 1943 nach Gotenhafen versetzt wurde. Lehrer Gerhard Andree kam als letzter aus Berlin kriegsbedingt nach Muddel.

Einige Tage bevor 1945 die Russen kamen, gelang es noch einigen wenigen Familien über Stolpmünde mit dem Schiff zu entkommen. Am 7. März gegen 15 Uhr gab der Ortsgruppenleiter den Befehl zur Räumung des Ortes. Doch der größte Teil der Bewohner blieb in Muddel zurück. In der Nacht zum 8. März räumte das Militär den Schießplatz Stolpmünde. Am Nachmittag jenes Tages konnte man die feindlichen Truppen aus Richtung Schlawe auf der Straße von Saleske nach Dünnow kommen sehen. Der Ort wurde kampflos besetzt. Am 30. März mußten die Bewohner Muddel räumen und 20 Kilometer südwärts ziehen, weil das Dorf innerhalb der militärischen Sperrzone an der Ostsee lag. In der Umgebung wurden von den Russen zahlreiche Bunker gebaut. Nach acht Wochen durften die Bewohner zurück. "Als wir dann wieder zurückkamen, fanden wir nichts mehr. Das Vieh war fort, sämtliche Betten, Schränke alle ausgeräumt, alle Nähmaschinen fort und auch Möbel." Die sowjetischen Truppen behielten den Schießplatz bis 1. Januar 1947 in Besitz. Frau Elisabeth Pegel berichtet: Im Sommer 1945 wurde Muddel von polnischen Truppen besetzt. Die Polen richteten im Herbst eine polnische Verwaltung ein. Die ersten Zivilpolen kamen am 8. Februar 1946 nach Muddelstrand. Die Bewohner mußten ihre Wohnungen räumen und sie den Polen überlassen. Die Vertreibung der Dorfbewohner begann. Die erste Ausweisung erfolgte im Juni oder Juli 1946 mit acht Personen. Weitere schlossen sich an: am 1. September 1946, am 4. August 1947, am 31. August 1947 und am 17. September 1947. Die Heimatortskartei Pommern hat später 87 Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 53 in der DDR ermittelt. Aus Muddel wurde Modla.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 5 Gefallene, 7 Ziviltote und 15 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)