Einige Angaben über die Gemeinde Vessin aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:
Zugehörige Ortsteile (1): Vessin, Vorwerk
Gemeindefläche in ha | 871 |
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 | 296 |
Zahl der Haushaltungen | 59 |
Zahl der Wohnhäuser 1925 | 27 |
Amtsbezirk | Reitz |
Standesamtsbezirk | Reitz |
Gendarmeriebezirk | Ritzow |
Amtsgerichtsbezirk | Stolp |
Gemeindevorsteher 1931 | Rittergutsbesitzer von Goerne |
Bürgermeister 1937 | Rittergutsbesitzer Wolfram von Goerne |
Nächste Bahnstation | Jeseritz |
Entfernung | 6 km |
Bahnlinie | Stettin - Groß Boschpol - Danzig (Reichsbahn) |
Postamt | Stolp |
Letzte postalische Anschrift | Vessin Post Stolp (Pom.) |
Besitzer: 1. Peter Benedict von Collrepp, 2. Seel. Friederich Wilhelm von Woyten Erben, Seel. Capt. Barth. Rüdiger von Colrepen Wittwe. Bauer: à 1 Lh.: Martin Zitzke. Cossäthen: 1. Hanß Zitzke, 2. Jacob Wegner, 3. Jürgen Mielcke, 4. Paul Holtz, 5. Marten Batz.
Als weiterer Besitzer wird der Oberst Friedrich Asmuß von Bandemer genannt. 1781 wurden Vessin und Reitz an den Major Georg Ludwig von Katzler verkauft. Vessin hatte damals zwei Vorwerke, einen Prediger, einen Küster, zwei Bauern, einen Halbbauern, vier Kossäten, das innerhalb der Gemarkung auf einem Berg zwischen fruchtbaren Äckern, Wiesen und Holzungen gelegene Müsse, eine Wassermühle und insgesamt 22 Feuerstellen. Bei der Separation kam es in Vessin zum "Kirchenstreit". Im Jahre 1812 hatte die Separation nur den Pfarracker betroffen, während Wiesen und Weide in Gemeinschaft mit dem Gut verblieben waren. Als die Pfarre nun auch die Separation der Wiesen und Weide beantragte, entstand ein jahrelang mit großer Erbitterung geführter Streit. Prediger Trapp berichtet, daß von seiten der Pfarre erklärt wurde, "keinen Termin mehr zu besuchen ohne Bedeckung von Gendarmen". Vessin gehörte damals Friedrich Wilhelm Arnold, dem Bürgermeister der Stadt Stolp in den Jahren 1827 bis 1846, und fiel dann an seinen Sohn. Die letzten Besitzer waren laut Güteradreßbuch 1884 Mach auf Groß Strellin, 1910 Major von Goerne, 1924 FrauVon schönen alten Bäumen umgeben erhob sich die malerische kleine Kirche auf dem Friedhof des Ortes. Die Fundamente waren aus Feldstein, die Mauern aus Ziegel in gotischem Verbände. Der massige Turm hatte an der Westseite den Eingang, an beiden Seitenwänden je vier lange Spitzbogenblenden und ein Satteldach. "Es ist ein Werk von blockhafter Schwere auf quadratischem Grundriß gradwandig aufsteigend, viel zu schwer und massig für das Kirchlein, das es fast erdrückt. Der Turm von Vessin ist in gotischer Zeit erbaut, aber so ungotisch wie nur möglich. Wir spüren die Nähe von schweren Befestigungstürmen, aber nichts vom Geiste der Gotik" (H. Schulz). Er erinnerte damit an die Festungsarchitektur des Turmes der Stolper Marienkirche und des Neuen Tores. Der Grundriß der Kirche war einfach: An den Westturm schloß sich das Schiff als rechtwinkliger Raum ohne besonderen Chorbau an. Die viereckigen Fensteröffnungen sind offenbar erst im vergangenen Jahrhundert vergrößert worden. Der Ostgiebel hatte neben zwei Fensteröffnungen Rundblenden als Flächenschmuck und über einem Putzfries im oberen Dreieck einfache Langblenden. Das Innere war mit einer flachen Holzdecke versehen. Vom Turm aus betrat man durch eine Rundbogenöffnung das Kirchenschiff. Der Altar mit barockem Aufbau zeigte in den Seitenstücken Porträts von Geistlichen des 17. Jahrhunderts. Die Kanzel mit Wandtäfelung und Schalldeckel entsprach der Architektur des Altars und gehörte wie dieser in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Ein Kruzifix mit Kreuz aus Holz zierte das Kircheninnere. Zahlreich waren die farbigen Scheiben in der Fensterverglasung, die meist Wappen der Massow, Bandemer, Wodtke, Collrepp darstellten. Eine andere Scheibe zeigte das Gemälde "Jacob und der Engel" und enthielt die Aufschrift "Jacob Willer 1649". In die Amtszeit des Predigers Trapp von 1840 bis 1889 fällt der Neubau eines massiven Pfarrhauses im Jahre 1860 anstelle des alten zweistöckigen FachwerkgebäuÂdes. Die Kirchenglocken blieben der Gemeinde im Ersten Weltkrieg erhalten.
Vessin hatte 1364 einen Pfarrer Heinrich und 1539 den Pfarrer Martin Bildermacher, der wohl der erste lutherische Prediger gewesen ist. Von großem Einfluß auf das innere Leben der Gemeinde wurde die von Pastor Cyrus im Jahre 1901 ins Werk gesetzte Evangelisations- und Gemeinschaftsbewegung, so daß eine Gemeinschaftsgruppe, ein Jugendbund und ein Blaukreuzverein entstanden, "die von Pastor und Kirchschullehrer mit großer Liebe zur Sache geleitet wurden". In den letzten hundert Jahren vor der Vertreibung haben in Vessin als Pastoren gewirkt:
August Ferdinand Trapp | 1840-1889 |
Max Eduard Cyrus | 1889-1925 |
Wilhelm Kühl | 1925-1929 |
Martin Reinke (von Stolp aus) | 1930-1945 |
Die Volksschule in Vessin war einstufig. Im Jahre 1932 unterrichtete hier ein Lehrer 48 Schulkinder. Auch ein Teil der Kinder aus Vilgelow besuchte die Schule in Vessin. Als Lehrer war hier Hans Schröder tätig. Vessin wurde am 8. März 1945 von den Russen besetzt. Zu einer Räumungsanordnung kam es nicht mehr. Etwa 500 Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen blieben im Ort zurück. Ein ostpreußischer Flüchtling, bei dem ein Rundfunkgerät gefunden wurde, das er abliefern sollte, wurde erschossen. Den Hofmeister Max Krüger, der für das Auslaufen von 12000 Liter Spiritus verantwortlich sein sollte, töteten die Russen durch Genickschuß. Im Juni 1945 bemächtigten sich die Polen des Dorfes. Die Schule und das Pfarrhaus mußten geräumt werden. Die Bewohner wurden über die Oder nach Mittel- und Westdeutschland deportiert. Im Jahre 1957 sollen in Vessin von etwa 150 bis 200 Bewohnern nur rund 20 Polen gewesen sein. Für die Kinder zurückgebliebener Familien gab es von 1951/52 ab für etwa fünf Jahre eine deutsche Schule. Alle zwei Wochen wurde über viele Jahre hinweg in der Kirche evangelischer Gottesdienst in deutscher Sprache gehalten. Die Heimatortskartei Pommern hat später 152 Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 70 in der DDR ermittelt. Aus Vessin wurde Wieszyno.
Kriegs- und Verlreibungsverluste: 25 Gefallene, 22 Ziviltote und 22 Vermißte ("ungeklärte Fälle").
(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)
(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)