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Schönwalde



Von der nahen Ostsee durch Dünen und vom Grader-See im Osten durch Wiesen und Moor, das Schönwalder und das Wobesder Moor, getrennt, liegt nördlich von Stolp die Gemeinde Schönwalde. Wälder umgaben das Dorf in weitem Umkreis. "Wenn unser heimatliches Schönwalde auch nicht - wie Rowe und Neustrand - zu den anerkannten und vielbesuchten Badeorten gehörte", schreibt Paul Scharnofske, "so war es immerhin doch, durch seine Lage bedingt, ein Stranddorf. Nur zehn Minuten zu Fuß trennten den Ort vom rauschenden Meer." Ein einfacher Fahrweg verband Schönwalde mit Rowe am Garder-See und der Nachbargemeinde Wobesde im Süden.

Einige Angaben über die Gemeinde Schönwalde aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile: (3) Glashütte - Holzkaten - Neuer Hof

Gemeindefläche in ha 1071
Wohnbevölkerung am 17.Mai 1939 274
Zahl der Haushaltungen 68
Zahl der Wohnhäuser 1925 30
Amtsbezirk Wobesde
Standesamtsbezirk Wobesde
Gendarmeriebezirk Wobesde
Amtsgerichtsbezirk Stolp
Gemeindevorsteher 1931 Ziepke
Bürgermeister 1937 Brennereiverwalter Richard Ziepke
Nächste Bahnstation Wobesde
Entfernung 2,5 km
Bahnlinie Gabel-Stolpmünde (Kreisbahn)
Posthilfsstelle Schönwalde
Letzte postalische Anschrift Post Wobesde über Stolp (Pom.)


Der historischen Dorfform nach ist Schönwalde ein kleines Gassendorf. Es war schon 1493 im Besitz der von Bandemer. Nach der Musterrolle von 1523 mußte Simon bandemer to Schonewolde myt synem Broder Bartes drei Pferde für die Landesverteidigung stellen. Die Hufenklassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer: Asmus von Bandemer und Peter Christoph von Somnitz. Bauern à ½ Lh.: 1. Schwante Borle, 2. Michel Boorle, Halbbauern: 1. Marten Kusch, 2. Pagel Frowel, 3. Marten Zülche, 4. Michel Frowel. Cossäthen: 1. Pagel Vandercke, 2. Gregor Drewke, 3. Hanß Berla.

Um 1784 hatte Schönwalde nach Brüggemann zwei Vorwerke, zwei Bauern, vier Halbbauern, drei Kossäten, einen Schmied, einen Schulmeister, innerhalb der Gemarkung zwei Holzkaten, Cudry-Rovk und Poromb genannt, und insgesamt siebzehn Feuerstellen. Schon um 1800 wurde im Dorf nur deutsch gesprochen. 1804 besaß es ein von Below, 1828 ein von Krockow. Im 19. Jahrhundert ging Schönwalde vorübergehend in bürgerliche Hände über. 1836 kaufte es Julius Giebe für 28000 Taler. Von Hans Pieper übernahm Albert von Puttkamer, der zweite Sohn des Staatsministers Robert von Puttkamer, Schönwalde. Dann erwarb es Graf Wilhelm von Zitzewitz auf Zezenow zusammen mit seinem Sohn Heinrich. Wilhelm überließ seinen Anteil 1912 seinem zweiten Sohn Günther, der sich später mit seinem Bruder auch über die andere Hälfte verglich. Dr. Günther von Zitzewitz auf Klein Machmin war damit auch Herr auf Schönwalde. "In Schönwalde grenzte ein 800 Morgen großes Moor an den Grader See, von dem ein Stück zum Gut gehörte und uns das Jagdrecht sicherte. Günther meliorierte diese Riesenflächen durch Ziehung vonGräben. Ein elektrisch betriebenes Pumpwerk wurde aufgestellt, das das Wasser in den Grader See pumpte. Und wir wurden belohnt für die hohen Kosten dieser Anlage. Es entstanden vorzügliche Wiesen und Weiden für die große Herdbuchherde. Auch das Machminer Vieh verlebte dort den ganzen Sommer bei bester Milchleistung" (Helene von Zitzewitz). Das Rittergut war 548 ha groß und hatte 228 ha Ackerland, 60 ha Wiesen, 35 ha Weiden, 100 ha Wald, 25 ha Unland, Hofraum und Wege und 100 ha Wasserfläche. Der Viehbestand des Gutes belief sich auf 50 Pferde und 145 Stück Rindvieh. Außer dem Gut gab es in Schönwalde 16 landwirtschaftliche Betriebe:

6 mit 0,5 und unter 5 ha
4 mit 5 und unter 10 ha
5 mit 10 und unter 20 ha
1 mit 20 und unter 100 ha

Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 4,02 RM erheblich unter dem Kreisdurchschnitt (5.95 RM).

Von allen Glashütten des Landkreises hat sich bis ins 20. Jahrhundert hinein nur die 1872 gegründete Glashütte Schönwalde gehalten. Gegründet wurde sie von dem Besitzer des Gutes Schönwalde Pieper. Das Fundament der Hütten war auf einer 400 Meter vom Dorfe Schönwalde entfernten Anhöhe gelegen. In den ersten Jahren wurden fast nur Flaschen hergestellt. Die Hütte beschäftigte acht Glasbläser, die aus dem Böhmerwald und dem Fichtelgebirge stammten. Schwierig war der Transport zum Stolpmünder Hafen. Erst 1897 wurde die Chaussee Wobesde-Stolpmünde fertiggestellt. Als dann der als sehr tüchtig geltende Pieper zur Herstellung von Tafelglas (Halbweißglas) überging, besserte sich der Absatz. Schönwalder Glas war sehr begehrt. So wurde 1884 eine zweite Hütte, ebenfalls für acht Glasbläser, errichtet. Nach dem Tode des von seinen Arbeitern geschätzten Hans Pieper übernahm sein Sohn August, Kaufmann von Beruf, 1896 den väterlichen Besitz. In den letzten Jahren wurde sogar Farbglas hergestellt, das nach Bayern und Jerusalem ging, und etwas 4000 bis 5000 Tausend Kisten Tafelglas. Hauptabnehmer hierfür waren Pommern, Ost- und Westpreußen und Rußland. Der Torfbedarf der Hütten belief sich jährlich auf 18 Morgen Torf bei einem zwei Meter tiefen Ausstich. Dazu kam der Verbrauch an Holz. Allein für Glasversandkisten wurden jährlich etwa 1000 Stamm verarbeitet. Auf die Dauer blieben auch die Schönwalder Glashütten nicht rentabel. Am 1. April 1906 wurde der Betrieb für dauernd eingestellt. "Damit war auch die letzte Glashütte im Kreise ein Opfer des Maschinenzeitalters geworden (K. Knorr).

Viele Bewohner Iebten vom Fischfang. Gefischt wurde auf dem Grader-See und der Ostsee. Wegen der Abgelegenheit des Dorfes, der schlechten Wegeverhältnisse und mangelnder Fahrgelegenheit war der Fang nur schwer abzusetzen. Der größte Teil ging auf dem Wasserwege nach Groß Garde und von dort weiter nach Stolp. Die Nachbardörfer, so auch Wobesde, wurden von den Fischfrauen regelmäßig besucht, um die Fische: dort direkt an die Verbraucher zu verkaufen. Der Ort hatte eine Station zur Rettung Schiffbrüchiger. Auf den vorgelagerten Sandbänken in der Ostsee ist früher so mancher Segler in dunkler Nacht oder bei schlechter Sicht aufgelaufen und zerschellt. Schon vor dem ersten Weltkrieg hatte Schönwalde Badeverkehr. Nur zögernd nahm es ihn nach jahrzehntelanger Pause 1931 wieder auf.

Die Dorfbevölkerung war evangelisch. ImJahre 1925 hatte Schönwalde zwei Bewohner katholischer Konfession (0,7 v.H.). Es gehörte zum Kirchspiel Rowe und damit zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt. Im Dorf gab es eine einstufige Volksschule, in der im Jahr 1932 ein Lehrer 41 Schulkinder unterrichtete. Der letzte Lehrer war Bruno Jannke. Außerhalb der Pagel'schen Ortsbeschreibung waren in Holzkaten auch Lehrer Heinz Hoffmeister und Lehrerin Else Lina Hogenfeld tätig. In Schönwalde gab es ein Landjahrlager.

Verkehrsmäßig war für Schönwalde die Anbindung an das Chausseenetz von größter Bedeutung: "Als vordringlich ist die Verbindungsstrecke zwischen Wobesde und Schönwalde anzusehen. Sie wird 3450 Meter lang. Den Ausbau dieses Weges begrüßten nicht nur die beteiligten Gemeinden. Erschlossen wird endlich das Fischerdörfchen Rowe. Interesse an dem Weg haben die vielen Badegäste. Auch der Arbeitsdienst wünscht den Ausbau. Von der Steinbeschaffung hängt die Inangriffnahme der Bauarbeiten ab" (Grenzzeitung vom 9. Dezember 1940).

Im Januar 1945 wurde das RAD-Lager Schönwalde geräumt und über Stolpmünde nach Schleswig-Holstein gebracht. Auch die Flugwache zog sich Anfang März zurück. Am 9. März wurde Schönwalde kampflos von den Russen besetzt. Von zwei Seiten rückten sie in den Ort ein. "Ein Teil kam von Stolp, ein zweiter von Stolpmünde über Weitenhagen auf Schönwalde zu. Es waren Artillerie, Panzer, Reiterei und viele Bagagewagen. Die Leute waren von kräftigem Bau, waren gut gekleidet und gut ernährt. Für uns setzte nun die Leidenszeit ein" (B. Jannke). Bereits am 10. März begannen die Russen mit der Anlage von Küstenbefestigungen an der Steilküste. Auch die Dorfbewohner wurden zu den Schanzarbeiten herangezogen und mußten Unterstände bauen. Schönwalde erhielt etwa 3000 Mann russische Einquartierung. Die Hälfte des Ortes mußte vorübergehend geräumt werden. Die ausgewiesenen Bewohner fanden in Labüssow Unterkunft. Ein deutscher Flieger, der mit seinem Flugzeug am Grader-See notlanden mußte und nach der Glashütte kam, wurde erschossen. Sein Grab liegt bei der Glashütte. Rudelweise drangen die Russen in die Wohnungen der Dorfbewohner ein und suchten nach Mädchen undFrauen. "Viele gingen vor Beginn des Abends durch die großen Wiesen nach dem Garder-See und ruderten nach der Steininsel oder versteckten sich im Schilf am Ufer. Am Morgen kamen sie in den Ort zurück. Viele wurden sogar am Tage in Gegenwart von Eltern und Kindern vergewaltigt." Der Bürgermeister blieb unter den Russen im Amt. Dann drangen die Polen in das Dorf ein, besetzten die Häuser, Höfe und Wohnungen und vertrieben die Dorfbewohner. Die Heimatortskartei Pommern hat später 109 von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland und 100 in der DDR ermittelt. Die Polen, die Schönwalde als Kriegsbeute in Besitz genommen haben,nennen es Debina.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 12 Gefallene und 36 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

Literatur
Gedenkbuch der Familie von Zitzewitz, S. 76-77
Landbesitz der Familie von Zitzewitz, S. 67-72
Knorr, Kurt: Verschwundene Glasindustrie im Kreise Stolp. In: Ostpommersche Heimat 1932, Nr. 22
Wobesde und seine Beziehungen zu den benachbarten Stranddörfern (mit Angaben über Schönwalde). In Ostpommersche Heimat 1931, Nr. 38
E. v. Puttkamer, Landbesitz, S. 26
Scharnofske, Paul: Schönwalde - das stille Dorf am Strand. In: Stolper Heimatblatt 1957, S. 209-210
v. Zitzewitz, Familienchronik, S. 169-170, 172, 176-177
Ost-Dok. 1 Nr. 174, pag. 547-572

(Quelle: "Der Landkreis Stolp in Pommern" Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit von Karl-Heinz Pagel)

(Quelle: BBF / DIPF / Archiv, Sammlungen der Gutachterstelle des BIL. Lehrerkartei und Personalbögen.)